Das System Eisenbahn kann durchaus kompliziert sein und man versteht manchmal nur Bahnhof. Dies gilt nicht nur für Außenstehende, sondern auch für die Mitarbeitenden von Unternehmen im Systemverbund Bahn.
Fragt man Reisende auf Bahnsteigen, so ist ein Bahnhof schnell definiert: “Von hier fahren Züge ab und ich kann dort zu- und aussteigen.” Diese Annahme ist nicht immer korrekt. Im Artikel erfährst du, was wirklich hinter einem Bahnhof steckt.
Inhalt:
Definition
Bei einem Bahnhof handelt es sich nach EBO - Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung (Externer-Link) § 4 (2) um: “Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, ausweichen oder wenden dürfen. Als Grenze zwischen den Bahnhöfen und der freien Strecke gelten im Allgemeinen die Einfahrsignale oder Trapeztafeln, sonst die Einfahrweichen.” - Zitat aus der EBO §4 (2)
Somit muss ein Bahnhof nicht zwingend dem Zu- oder Ausstieg von Fahrgästen dienen. Es gibt unter anderem auch Bahnhöfe, die die dem Güterverkehr oder betrieblichen Zwecken dienen.
Die zuvor genannte Definition wird meist erweitert. So zählen zu möglichen betrieblichen Vorgängen meist noch weitere Vorgänge wie z. B. halten, kreuzen oder überholen.
Aufbau
Ein Bahnhof muss mindestens eine Weiche besitzen. An den Grenzen des Bahnhofs befindet sich die freie Strecke. Die Gleise der freien Strecke bzw. deren Weiterführung werden auch Hauptgleise bzw. Durchgehende Hauptgleise genannt. Sehr große Bahnhöfe werden meist in kleinere Bahnhofsteile unterteilt. Jeder Bahnhofsteil besaß in der Vergangenheit dann einen eigene Fahrdienstleiter:in oder Weichenwärter:in. Zwischen den Bahnhofsteilen befinden sich dann Zwischensignale.
Grenze zwischen Bahnhof und der freien Strecke. Quelle: Technik-Kiste.de
Die Nummerierung der Gleise innerhalb eines Bahnhofes erfolgte historisch betrachtet unterschiedlich bei Deutscher Reichsbahn (DDR) und Deutscher Bundesbahn (BRD). So ergab sich bei der Deutschen Reichsbahn folgende Zählweise, die das Streckengleis in aufsteigender Kilometrierung grundsätzlich mit 1 bezeichnet:
Zählweise ehemalige Deutsche Reichsbahn. Quelle: Technik-Kiste.de
Heute werden Gleise grundsätzlich nach einem festen einheitlichen Schema wie bei der ehemaligen Deutschen Bundesbahn benannt. Beginnend vom Haupteingang des Empfangsgebäudes an oder, sofern nicht vorhanden, in aufsteigender Kilometrierung der Strecke, werden die Gleise aufsteigend nummeriert. Bei Gleisen ohne betriebliche Bedeutung werden Nummern innerhalb von Dekaden (Serien von 10) für die Nummerierung genutzt.
Nummerieung von Gleisen bei ehemaliger Bundesbahn und heutiger Deutschen Bahn. Quelle: Technik-Kiste.de
Innerhalb von Bahnhöfen können sich Bahnsteige für den Zu- und Ausstieg für Fahrgäste befinden.
Für die Signalisierung der Ausfahrt werden Ausfahrsignale genutzt. Sie besitzen eine entsprechende Kennzeichnung und unterscheiden sich je nach Signalsystem in ihrem Aufbau z. B. von Einfahrsignalen.
Grenzen
Ein Bahnhof wird durch folgende Konstruktionen begrenzt:
- Einfahrsignale
- Trapeztafeln
- Einfahrweichen
Die Reihenfolge ist dabei von der Höchsten Geltung zur niedrigsten angeordnet. Die zuvor genannten Konstruktionen stellen dabei die Grenze zwischen dem Bahnhof und der freien Strecke dar.
Einfahrsignale sind Hauptsignale mit entsprechender Kennzeichnung und Signalisierungsmöglichkeit. Sie werden als ESig abgekürzt und sind je nach Signalsystem oft mit Zusatzanzeigern versehen.
Bahnhofsbegrenzung durch Einfahrsignale. Quelle: Technik-Kiste.de
Bei einer Trapeztafel handelt es sich um ein i. d. R. rechts angeordnetes Blechschild in Form eines Trapezes.
Bahnhofsgrenze durch Trapeztafel. Quelle: Technik-Kiste.de
Sofern weder Einfahrsignale noch Trapeztafeln aufgestellt wurden, ist eine Einfahrweiche definiert. Diese liegt als Erste im Fahrweg aus Sicht der freien Strecke.
Bahnhofsgrenze durch Einfahrweiche. Quelle: Technik-Kiste.de
Betriebliche Vorgänge
In einem Bahnhof können per Definition folgende betriebliche Vorgänge erfolgen:
- Beginnen
- Enden
- Ausweichen
- Wenden
Beginn
Der Beginn eines Zuges ist der Start seiner Zugfahrt. Dazu zählt nicht die vorherige Rangierfahrt. Er beginnt von dort seine Zugfahrt nach Fahrplan.
Beginn einer Zugfahrt im Bahnhof. Quelle: Technik-Kiste.de
Enden
Die Fahrt des Zuges endet an diesem Bahnhof. Damit endet auch der Fahrplan des Zuges. Entweder erhält das Fahrzeug bzw. die Zusammenstellung von Fahrzeugen einen neuen Fahrplan oder sie verkehrt als Rangierfahrt (oder Sperrfahrt) weiter.
Enden einer Zugfahrt im Bahnhof. Quelle: Technik-Kiste.de
Ausweichen
Beim Ausweichen wird ein Zug über ein Gleis der Bahnanlage an einem anderen Zug vorbei geleitet. Ein Beispiel ist z. B. die Überholung eines Güterzugs durch einen Fernverkehrszug.
Ausweichen einer Zugfahrt im Bahnhof. Quelle: Technik-Kiste.de
Wenden
Beim Wenden fährt ein Zug in den Bahnhof ein und verlässt diesen aus der Richtung, aus der er eingefahren ist. Es erfolgt also ein Fahrtrichtungswechsel. Diesen Vorgang findet man häufig an Kopfbahnhöfen, da diese nur eine Ein- und Ausfahrrichtung besitzen.
Wenden einer Zugfahrt im Bahnhof. Quelle: Technik-Kiste.de
Halten
Mit halten wird das Einfahren in den Bahnhof, stehen bleiben und ausfahren des Zuges verstanden. Meist kommt das Halten mit dem Fahrgastwechsel an Bahnsteigen innerhalb eines Bahnhofes einher.
Halten einer Zugfahrt im Bahnhof. Quelle: Technik-Kiste.de