Zero Configuration Networking (kurz Zeroconf) ermöglicht es Geräten, sich in Netzwerken selbstständig mit Netzwerkadressen zu konfigurieren und Dienste zu entdecken – ganz ohne manuelle Einrichtung oder zentrale Server. Gerade in Heim- und kleinen Firmennetzen erspart Zeroconf aufwendige Eingriffe und sorgt für Plug-and-Play-Komfort.
Was ist Zeroconf?
Zeroconf bezeichnet eine Sammlung von Verfahren, die drei zentrale Aufgaben automatisieren:
- IP-Adressenvergabe (Hauptfunktion)
- Namensauflösung
- Diensterkennung
Dadurch finden sich Drucker, Medienserver oder IoT-Geräte selbstständig, sobald sie mit dem Netzwerk verbunden werden.
Vereinfachtes Prinzip von Zeroconf in einem kleinen Netzwerk. Quelle: Technik-Kiste.de
Hauptfunktionen
- Automatische IP-Adressvergabe
Geräte wählen aus dem Reserved-Bereich (169.254.0.0/16 bei IPv4 oder fe80::/10 bei IPv6) eine freie Adresse, ohne DHCP-Server, selbstständig aus. - Namensauflösung mit Multicast DNS (mDNS)
Anstelle eines zentralen DNS-Servers lösen Geräte Namen wie „drucker.local“ über Multicast-Anfragen auf. - Dienst-Erkennung via DNS Service Discovery (DNS-SD)
Geräte kündigen ihre angebotenen Dienste (z. B. Drucker, File-Sharing, Streaming) im Netzwerk automatisch an.
Bekannte Implementierungen
Implementierung |
Plattform |
Beschreibung |
Bonjour |
Apple, Windows |
Apples Lösung für mDNS/DNS-SD |
Avahi |
Linux |
Open-Source-Alternative zu Bonjour |
APIPA/IPAC |
Windows |
Integrierte automatische IP-Konfiguration |
Vor- und Nachteile
Vorteile |
Nachteile |
Einfache Inbetriebnahme |
Erhöhter Multicast-Verkehr in größeren Netzen |
Kein manueller Konfigurationsaufwand |
Keine zentrale Kontrolle – Sicherheitsrisiken möglich |
Plug-and-Play- für Endgeräte |
Skalierbarkeit limitiert |
Zeroconf eignet sich perfekt für unkomplizierte Netzwerke in Heim- und Kleinbetriebsumgebungen. In größeren oder hochsicheren Infrastrukturen sollte man jedoch den Mehrverkehr und fehlende zentrale Steuerung berücksichtigen.
Adressbildung
Zeroconf generiert automatisch eine eigene IP-Adresse, ohne auf einen DHCP-Server zurückzugreifen. Zeroconf nutzt dabei unterschiedliche Verfahren für IPv4 und IPv6. Bei einigen Verfahren spielt die MAC-Adresse eine zentrale Rolle, bei anderen gar keine.
Adresstyp |
MAC-Adresse genutzt? |
Generierungsmethode |
IPv4 APIPA |
nein |
Zufällige Auswahl + ARP-basierte DAD |
IPv6 Link-Local (EUI-64) |
ja |
MAC → 64-Bit-Interface-ID (EUI-64) + DAD |
IPv6 Link-Local (Privacy) |
nein |
Zufälliger Interface-Identifier + DAD |
IPv4: APIPA (Automatic Private IP Addressing)
- Wahl des Adressbereichs
Geräte suchen sich eine Adresse aus dem reservierten Bereich 169.254.1.0–169.254.254.255. - Zufällige Adressauswahl
Eine Adresse wird per Zufallsgenerator gewählt, um Kollisionen zu minimieren. - Duplicate Address Detection (DAD) via ARP
• Gerät sendet bis zu drei ARP-Probes an die ausgewählte Adresse.
• Erreicht innerhalb kurzer Frist keine ARP-Antwort, wird die Adresse übernommen.
• Antwortet jemand, wählt das Gerät eine neue Zufallsadresse und wiederholt den Test. - Adressnutzung und erneute Prüfung
Nach erfolgreicher Probe wird die Adresse aktiv genutzt. Gelegentlich führt das Gerät erneut DAD durch, um spätere Konflikte zu erkennen.
IPv6: Link-Local Adressen
IPv6-Link-Local-Adressen sind essenziell für die Kommunikation im lokalen Netzwerksegment. Sie entstehen automatisch, sobald ein Interface aktiviert ist – ganz ohne DHCPv6 oder manuelle Konfiguration.
Präfix und Gültigkeitsbereich:
- Präfix: fe80::/10
Alle Link-Local-Adressen beginnen mit den Bits 1111 1110 10, was den Adressraum von fe80:: bis febf:ffff:ffff:ffff:ffff:ffff:ffff:ffff definiert. - Gültigkeitsbereich: Link-Local
Die Adresse ist nur auf dem unmittelbar angeschlossenen Netzwerk („Link“) gültig und wird in Routern nicht weitergeleitet.
- Interface-Identifier per EUI-64-Verfahren im Beispiel
- Ausgangs-MAC
MAC-Adresse im Format 00:11:22:33:44:55 (48 Bit). - Aufspaltung und Einfügen
- Die MAC wird in zwei Hälften geteilt: 00:11:22 und 33:44:55.
- Zwischen den Hälften wird ff:fe eingefügt, ergibt: 00:11:22:ff:fe:33:44:55 (64 Bit).
- U/L-Bit anpassen
- Das siebte Bit (U/L-Bit) im ersten Byte steuert, ob die Adresse global (0) oder lokal (1) verwaltet wird.
- Ist es ursprünglich 0 (global), wird es invertiert zu 1 (lokal).
- Vollständige Adresse
fe80::0211:22ff:fe33:4455
- Interface-Identifier mit Privacy Extensions
- Zweck: Schutz der Privatsphäre durch Verbergen der Hardware-MAC.
- Verfahren:
- Zufällige 64-Bit-Zahl generieren.
- In regelmäßigen Abständen (z. B. täglich) neuen Wert erzeugen.
- Beispieladresse
fe80::a3f5:9c4d:bb21:8e7f
Duplicate Address Detection (DAD)
- Protokoll: ICMPv6 Neighbor Solicitation
- Ablauf:
- Gerät sendet eine Neighbor Solicitation über ICMPv6 mit der gewünschten Adresse an seine eigene Adresse.
- Bleibt eine Neighbor Advertisement aus, gilt die Adresse als frei.
- Erhält das Gerät eine Antwort, generiert es einen neuen Interface-Identifier und wiederholt die DAD.
Adressbeispiele
Typ |
Adresse |
IPv4 APIPA |
169.254.42.17 |
IPv6 Link-Local (LL) |
fe80::21a:2bff:fe3c:4d5e (EUI-64) |
IPv6 LL (Privacy) |
fe80::f43b:8c2a:ab4d:9e12 (zufällig) |
Diese automatischen Verfahren garantieren, dass neue Geräte miteinander kommunizieren können – ganz ohne manuelle Netzwerkeinrichtung. Beachte das der Vorgang mit steigender Anzahl an Endgeräten im Netzwerk länger dauert (bis zu mehreren Minuten).